Qualifizierung eines (GMP) Reinraum Monitoring-Systems

Ein ganz wesentlicher Bestandteil bei der Einrichtung eines Monitoring Systems und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Abnahme durch die Aufsichtsbehörde ist der Qualifizierungsprozess. Die Qualifizierung ist der dokumentierte Nachweis, dass ein Raum, eine Anlage oder ein Gerät den Anforderungen entspricht. Im Folgenden wird ein Überblick über den Qualifizierungsprozess gewährt.

Abbildung 1: BRIEM Qualifizierungsprozess

Warum Qualifizierung?

Eine sichere und konstante Gewährleistung der Schutzziele in den Laborbereichen erfordert ein durchgängiges Konzept und die Gewissheit, dass die installierten Systeme und Einrichtungen ihre Aufgaben wie vorgesehen erfüllen. Im pharmazeutischen Umfeld ist die Qualifizierung von Anlagen und Räumen daher Pflicht. Sie ist ein essentieller Bestandteil der Good Manufacturing Practice (GMP). Die hierfür benötigten Richtlinien finden sich im EU-GMP-Leitfaden (Annex 15 - Qualification and Validation). Die gesetzliche Umsetzung dieses Teils des GMP-Leitfadens ist in der AMWHV (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungs-verordnung) festgehalten. Sie besagt unter anderem, dass Anlagen, die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden und für die Arzneimittelqualität von entscheidender Bedeutung sind, auf ihre Eignung überprüft werden müssen (Qualifizierung). Weiterhin relevant sind Annex 1 und Annex 11 des GMP-Leitfadens sowie die Normen DIN EN ISO 14644 und VDI 2083.

In den Qualifizierungsprozess sollten jedoch neben den gesetzlichen Anforderungen auch die Nutzeranforderungen einfließen. Daher empfehlen wir, dass der Betreiber / der spätere Systemnutzer von Beginn an den Prozess begleitet, da er sich ja anschließend im täglichen Arbeitsalltag mit dem System auseinander-setzen muss.

Der Qualifizierungsprozess

Eine vollständige Qualifizierung setzt sich aus mehreren einzelnen Qualifizierungsschritten zusammen:

(Siehe Abbildung 1)

I. Qualifizierung eines Monitoring-Systems

Risikoanalyse

Vor dem eigentlichen Qualifizierungsprozess steht die GMP-Risikoanalyse. Sie wird bei der Diskussion der Entwurfsplanung vor dem Abschluss der Design-Qualification (DQ) durchgeführt.

Die GMP-Risikoanalyse ist gemäß Annex 15 zum EG - GMP- Leitfaden „Ergänzende Leitlinien für die Qualifizierung und Validierung“ vorgeschrieben. Sie soll alle kritischen Parameter, die für das Funktionieren der Ausrüstung und des Herstellungsprozesses bedeutsam sind, definieren und bewerten und muss mögliche Fehlerursachen und Fehlerfolgen aufzeigen. Ihr Hauptziel ist, Risiken, die sich durch Änderungen des Anlagendesigns minimieren oder ausschließen lassen, aufzunehmen und in Designänderungen münden zu lassen.  

Risiken, die nicht durch Systemoptimierungen am Anlagendesign minimiert werden können, sind durch Qualifizierungen als Factory Acceptance Tests (FAT) und, wenn nötig, durch wiederkehrende Prüfungen auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.

Die Risikoanalyse kann nach der FMEA (Failure Mode and Effect Analysis)-Methode durchgeführt werden. Diese hat den Vorteil, dass sie schon vor dem Auftreten eines Fehlers angewandt werden kann; dabei werden in  der Analyse Risikofaktoren herausgearbeitet. Ein möglicher Risikofaktor könnte z.B. ein Ausfall der Datenaufzeichnung der Sensoren durch Ausfall der Buskommunikation im GRM- Monitoringsystem sein.

Im Zuge der Risikoanalyse werden mögliche Vorbeugungsmaßnahmen in den Bereichen Design und Qualifizierung erarbeitet, um die Risiken zu minimieren und mögliche Fehlerquellen bereits im Vorfeld auszuschalten.

Im Bereich Design ergibt sich in unserem Beispiel daraus beispielsweise folgender Lösungsvorschlag: Kontinuierliche Überwachung der Kommunikation und automatische Alarmierung über den PC bei einer Kommunikationsstörung.

Als Maßnahmen im Bereich Qualifizierung/Requalifizierung werden die Risikofaktoren für die folgenden Qualifizierungsschritte IQ/OQ vorgemerkt. Darüber hinaus wurde die Requalifizierung beziehungsweise regelmäßige Kontrolle, etwa im Zusammenhang mit der jährlichen Wartung, empfohlen. Die Wartung wird in der Regel jährlich durch den Lieferanten zuverlässig nach einem festen Wartungsplan durchgeführt.

Die durch die Risikoanalyse identifizierten Aufgaben fließen in das Lastenheft mit ein, das die Anforderungen des Betreibers an den Hersteller des Monitoring Systems beschreibt.

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Designqualifizierung (DQ)

In der DQ wird dieses Lastenheft den Leistungen des Lieferanten (Pflichtenheft) gegenübergestellt, das am Ende alle Hauptfunktionen erfasst, die das Monitoringsystem befähigen, GMP-kritische und relevante Daten sicher aufzuzeichnen und zu speichern. Die Anforderungen im Lastenheft werden dabei in „Kann“- oder „Muss“-  bzw. „GxP“-Kategorien [3] eingestuft. Die „Muss“-Kategorien sind bereits regulatorisch durch die eingangs genannten Annexe im GMP-Leitfaden vorgegeben.

Zu den Hauptanforderungen in Lastenheften zählen z.B.:

  • Erfassung, Speicherung und Archivierung von Prozessdaten und Batchreporten
  • Darstellung der Messdaten in Diagrammbildern
  • Passwortgeschützte Zugriffsrechte-Struktur
  • Nicht editierbare Rohdaten
  • Audit-Trail Funktion (Überwachung der Benutzeraktivität)
  • Elektronische Unterschrift
  • Profilumschaltung (Umschaltung der Klimabedingungen in einzelnen Räumen)
  • Messwertaufzeichnung und Alarmierung standardmäßig

Die Umsetzung aller Anforderungen der „Muss“- und „GxP“-Kategorie muss im Pflichtenheft beschrieben werden. Die Punkte der „Kann“-Kategorie können, müssen jedoch nicht erfüllt werden. Der Abgleich zwischen Lasten- und Pflichtenheft erfolgt in Form einer Verfolgbarkeitsmatrix (Traceability-Matrix). Die DQ legt somit fest, was die Anlage/das Gerät können muss, wie es auszusehen hat und in welcher Form (Qualifizierung/ Kalibrierprotokoll) dies nachgewiesen und geprüft werden muss.

Installationsqualifizierung (IQ)

Bei der IQ wird vor der Auslieferung des Systems/der Anlage ein sogenannter FAT (factory acceptance test) durchgeführt. Dabei wird das System im Betrieb des Lieferanten aufgebaut und auf Korrektheit der Komponenten, der Verkabelung und der Funktion überprüft.  Das System wird erst nach erfolgreich abgeschlossenem FAT ausgeliefert. Wir laden unserre Kunden hierzu in

Nach der Installation des Systems beim Kunden werden verschiedene IQ-Tests durchgeführt, bei denen die korrekte Installation überprüft wird. Dabei wird unter anderem kontrolliert und dokumentiert, ob alle in der DQ spezifizierten Geräte vorhanden und an der definierten Stelle installiert sind, ob alle Geräte ein gültiges Werks- und Vor-Ort-Kalibrierprotokoll besitzen, ob die Elektroinstallation korrekt vorgenommen wurde und ob die notwendigen Soft- und Hardwarekomponenten (Server/Client PC) vorhanden sind.

Funktionsqualifizierung (OQ)

Bei der OQ wird die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems in Form verschiedener OQ-Tests überprüft. Dabei wird die Datenübergabe von den Messgeräten über den Schaltschrank an den Server und an das BMS (Briem Monitoring Software) überprüft. Des Weiteren wird zum Beispiel getestet, ob die Alarmierung an den definierten Stellen optisch und akustisch erfolgt. Die Benutzerverwaltung, die Funktion der USV sowie das kontrollierte Verhalten des Systems bei Stromausfall oder sonstigen Störungen werden kontrolliert. Hier gilt ein besonderes Augenmerk auf die in der Risikoanalyse herausgearbeiteten Punkte.

Leistungsqualifizierung (PQ) und Qualifizierungsdokumentation

Bei der PQ wird die Leistung des Systems über einen definierten Zeitraum getestet. Dieser Test obliegt dem Betreiber der Anlage und kann auch als sogenannter Langzeittest betrachtet werden.

Alle Schritte und Prüfungen sind parallel zur durchführenden Tätigkeit GMP-gerecht zu dokumentieren. Eine vollständig und korrekt durchgeführte und dokumentierte Qualifizierung aller qualitätsrelevanten Einrichtungen/Geräte und Bauteile ist Grundvoraussetzung für das Erlangen der Herstellerlaubnis.

Wartung / Instandhaltung

Um langfristig den qualifizierten Status der Anlage zu erhalten sind regelmäßige Wartungen und Instandhaltung vorgeschrieben. Die langfristige Ausfallsicherheit und Genauigkeit sind ebenfalls im Interesse des Betreibers; es empfiehlt sich eine jährliche Wartung und Rekalibrierung der Sensorik und des GRM-Systems. Hierbei werden alle relevanten Punkte gewartet und geprüft um Risiken proaktiv zu vermeiden.

Change Control / Qualifizierung von Erweiterungen

Was passiert bei Änderungen bzw. Erweiterungen? Erweiterungen müssen selbstverständlich auch dem Qualifizierungsprozess unterzogen werden. Hierfür wird das Change Control-Verfahren angewandt: die neu hinzukommenden Geräte sowie die bereits vorhandenen Komponenten des Systems, die von der Erweiterung berührt werden, müssen neu qualifiziert werden.

In einer Risikoanalyse wurden zunächst die betroffenen Bereiche verifiziert. Lediglich sie werden anschließend neu qualifiziert. Somit ist auch nach der Systemerweiterung nur ein Bruchteil des Aufwands der Gesamtqualifizierung erforderlich. In der Praxis werden z.B. Kühl- und Brutschränke nachträglich an das System angebunden um auch hier die Vorteile der transparenten Überwachung nutzen zu können.

Fazit:

Bei der Einrichtung eines Reinraum Monitoring Systems empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit von Auftraggeber, Fachplaner, Anbieter und zuständiger Aufsichtsbehörde – bereits von der Planung an. Der Risikoanalyse und der darauffolgenden Designqualifizierung (DQ) kommt eine Schlüsselposition bei der Planung des Gesamtsystems zu. Beide sollten vorausschauend, mit äußerster Sorgfalt und in enger Abstimmung aller Beteiligten durchgeführt werden. Für Betreiber lohnt es sich, den Qualifizierungsprozess von Beginn an zu begleiten, da sie sich später im täglichen Betrieb mit dem System auseinander setzen müssen. Optimaler Weise begleitet der Monitoring Anbieter auch die Qualifizierung über den gesamten Anlagenlebenszyklus. Das Monitoring System ist ein Qualitätssicherungsinstrument, das nur optimalen Nutzen bringt, wenn es richtig und umfassend angewandt wird.

 

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