Ein wesentlicher Parameter im Reinraum ist der Raumdruck. Durch die Einhaltung stabiler Druckkaskaden soll vermieden werden, dass kontaminierte Luft einströmt. Ein Reinraum im pharmazeutischen Umfeld besteht normal immer aus mehreren Räumen. Dabei werden Zonen mit mehreren Druckstufen gebildet, um die sensibelsten Zonen am stärksten zu schützen.

Die in der Norm DIN EN ISO 14644 beschriebene Pflicht zur kontinuierlichen Überdrucküberwachung gibt vor, das eine Mindestdifferenz zwischen 2 Räumen gewährleistet sein muss.

Dafür gib es nun 2 möglich Ansätze:

  1. Messung von Raum zu Raum
  2. Messung mit gemeinsamem Referenzpunkt

Schauen wir uns die beiden Messverfahren mal genauer an:

1. Messung von Raum zu Raum

Bei diesem Verfahren wird immer die Differenz zwischen 2 Räumen gemessen. Das Messgerät wird immer den tatsächlichen Differenzdruck zwischen diesen beiden Räumen anzeigen. In unserem Beispiel zeigen im Idealfall also alle Messgeräte +15 Pa an.

Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass man auf einen Blick die Differenz zum Vorraum erkennen kann – ganz im Sinne der Anforderungen aus der Norm.

Allerdings bringt die Raum-zu-Raum-Messung auch Nachteile mit sich. Zum einen stellt sich die Frage, zu welchem Raum gemessen wird, wenn es mehrere vorgelagerte Räume gibt? In diesem Fall müssen dann mehrere Drücke angeben werden, um ein eindeutiges Messergebnis darzustellen (z.B. Differenzdruck zwischen Vorbereitung Damen-Schleuse, sowie zwischen Vorbereitung und Herren-Schleuse. Bei Reinräumen mit vielen Schleusen und verschiedenen Vorbereitungsbereichen, wird dieses Konstrukt recht komplex.

Außerdem müssen bei diesem Verfahren die Möglichkeiten zur Rekalibrierung sehr genau im Vorfeld geklärt werden, damit vom Kalibrier-Druckgenerator auf beide im Raum installierte Drucksonden der Zugriff möglich ist.

Und der im Alltag oftmals größte Nachteil ist, dass der tatsächliche Raumdruck nicht auf einen Blick sichtbar ist. In unserem Beispiel zeigt der Druck 15 Pa an – obwohl im Reinraum 1 der tatsächliche Druck 45 Pa beträgt.

2. Messung mit gemeinsamen Referenzpunkt

Bei diesem Messverfahren erfolgt die Messung des Raumdruckes gegen einen Referenzpunkt („Nullpunkt“).

Die Vorteile liegen in einem deutlich strukturierteren Systemaufbau, da jeder Raum genau einen Differenzmesspunkt gegenüber der Referenz hat, in dem sich die Druckstufen und tatsächlichen Drücke auf einen Blick darstellen lassen. In unserem Beispiel zeigen die Messgeräte die Druckkaskade von 15-30-45 Pa.

Der Nachteil bei dieser Messmethode ist, dass nun der Differenzdruck zum vorgelagerten Raum nicht ersichtlich ist. Und je nach Einstellung der Alarmstufen auch ein Unter-/Überschreiten der erlaubten Druckdifferenz zwischen 2 Räumen „unentdeckt“ bleibt. Dazu ein Beispiel:

Raum

Solldruck

Alarmgrenzen

Reinraum 1

45 Pa

42 – 48 Pa (+-3 Pa)

Schleuse 1

30 Pa

27 – 33 Pa (+- 3 Pa)

Es soll eine Druckdifferenz von mindestens 10 Pa zwischen beiden Räumen sichergesellt sein.

Wenn nun Reinraum 1 ständig bei 42,1 Pa, und die Schleuse 1 bei 32, 9 Pa liegt, wird zwar kein Alarm ausgelöst, aber trotzdem kann die Soll-Differenz von 10 Pa zwischen beiden Räumen nicht gewährleistet werden. Noch engere Alarmgrenzen würden in diesem Beispiel zu einem hohen drucktechnischen Aufwand führen und trotzdem werden vermutlich viele Druckalarme die Regel sein.

Denn man darf nicht vergessen, dass wir im Reinraumbereich nur „winzige“ Drücke messen – im Vergleich: Der normale Luftdruck beträgt mit ca. 1 bar umgerechnet 100.000 Pascal. Zehn Pascal sind also nur ein verschwindend geringer Teil unseres Umgebungsdrucks!

Die beste Lösung: Virtuellen Sensoren kombinieren die Vorteile aus beiden Messmethoden

Doch welches Verfahren bietet sich jetzt bei der permanenten Differenzdrucküberwachung eines GMP-Monitoringsystems an? Machen Sie es sich einfach, und kombinieren die Vorteile beider Verfahren zu Ihrem Vorteil.

  • Messung gegen Referenzpunkt zur strukturierten Darstellung der tatsächlichen Raumdrücke
  • Raum-zu-Raum Messungen über virtuelle Sensoren in der Monitoring-Software

Bei virtuellen Sensoren können sie die Messdaten zweier Räume (gegen Referenz gemessen) durch eine Subtraktion voneinander abziehen und erhalten so die Differenz zwischen beiden Räumen. Nun können getrennte Alarmgrenzen auf die tatsächlichen Drücke (siehe Tabelle in unserem Beispiel) und die berechneten Drücke (in unserem Beispiel Solldruck 15 Pa, Alarmgrenzen +- 3 Pa) konfiguriert werden. In welchen Räumen die virtuellen Sensoren benötigt werden sollte im Rahmen einer Risikoanalyse vorweg festgelegt werden.

Zum Schluss wollen wir uns noch das Thema „Referenzpunkt“ genauer anschauen. Bei der Raum-zu-Raum-Messung muss der erste Raum gegen einen Referenzpunkt oder Referenzraum gemessen werden. Die nachfolgenden Räume verwenden als Referenzpunkt jeweils den Vorraum. Bei der Messung mit einem gemeinsamen Referenzpunkt beziehen sich alle Messungen auf einen zuvor definierten Referenzpunkt. Ein stabiler und von äußeren Einflüssen möglichst nicht beeinflusster Punkt ist für diese Messungen unabdingbar. In der Praxis haben sich Lösungen mit Referenzdruckbehältern mit ca. 30 Liter Inhalt als sinnvoll erwiesen. Die Positionierung des Behälters muss bei jedem Projekt gesondert angeschaut und bewertet werden. Möglichst geringe Temperaturschwankungen, möglichst zugfreie Umgebung und eine sinnvolle Schlauchverlegung sollten berücksichtig werden.

Fazit:

Beide aufgezeigten Verfahren haben Vor- und Nachteile. Bei Reinraumprojekten ist die Messung gegen einen Referenzpunkt meisten die bessere Wahl. In Kombination mit virtuellen Sensoren kann dort, wo es notwendig ist, zusätzlich der Differenzdruck zwischen 2 Räumen angezeigt und alarmiert werden. Ein geeigneter Referenzpunkt sollte zu Beginn jedes Projektes festgelegt werden.

Gerne zeigen wir Ihnen, wie Sie virtuelle Sensoren in der BRIEM Monitoring-Software einrichten. Sprechen Sie uns gerne an.